Hallo ihr Lieben!
Heute möchte ich euch mal von der Kirche in Malawi
berichten, ein längst überfälliger Bericht.
Ich selber bin als Missionarin auf Zeit hier. Das heißt
konkret für mich, dass ich von einer Ordensgemeinschaft, den Franziskanerinnen
Salzkotten, vorbereitet, entsendet und begleitet bin/werde und auch hier vor
Ort von einer Ordensgemeinschaft, den Sisters of Charity of Ottawa,
„aufgenommen“ wurde. Das Motto von Missionar auf Zeit ist „mitleben, mitbeten,
mitarbeiten“.
Über mein Mitleben und Mitarbeiten hier in Guilleme habe ich
schon häufiger berichtet, nun ist das Mitbeten an der Reihe!
Der Glaube in der Kirche
Ganz konkret sieht man das natürlich an unseren Kirchgängen.
Gemeinsam mit den Schwestern und Boardingmädchen gehen wir drei Mal pro Woche
in die Kirche: mittwochs, samstags und sonntags.
Am Mittwoch gehen wir um 6 Uhr morgens zur Messe. Die ist
auf Chichewa und recht kurz (ohne Predigt). Wir sind ganz unter uns (also nur
Mädchen, Schwestern und vielleicht 10 andere). Die Mittwochmesse gefällt mir am
besten, weil die Mädchen den Chor machen. Die Lieder sind richtig dynamisch und
es macht großen Spaß mitzusingen (und mitzutanzen, haha :D ). Begleitet werden
die Lieder von Trommelschlägen!
Samstags um halb 7 ist die Messe auf Englisch, auch wenn ich
manchmal nicht wirklich mehr verstehe, als eine Messe auf Chichewa :D Zu dieser
Messe gehen alle Boarding-Schools, also neben den Mädchen von uns die Jungs vom
Boys-Boarding und die Schüler und Schülerinnen der Secondary School. Hier bilden
die Mädchen auch oft den Chor (aber nicht immer) und die Lieder sind auch echt
cool :)
Am Sonntag gibt es zwei Messen, die je ca. 2h dauern: eine
frühe Messe um 7 und eine späte um 9 Uhr. Das Boarding und so auch wir gehen
immer zur frühen Messe. Die ist auf Chichewa und echt lang und feierlich. Jedoch
manchmal auch ein bisschen zu lang… Die Predigt dauert mindestens eine halbe
Stunde und am Ende der Messe gibt es nochmal Reden und Ankündigungen, die fast
genauso lange dauern. Und das alles auf Chichewa! Da schaltet man schnell mal
ab… Klar lernen wir hier Chichewa und verstehen inzwischen auch immer mehr,
aber für die Predigt reicht es dann doch nicht wirklich. Trotzdem gehe ich
gerne in diese Messe. Meistens sitzen wir zusammen mit den Mädchen und Schwestern
im linken Seitenflügel und häufig gibt es lustiges oder spontanes, was
passiert. ZB wenn der Chor einen absoluten Kirchenschlager anstimmt und der
Pastor alle auffordert zu tanzen :D Oder bei der Gabenbereitung, bei der jedes
Mal auch Essen für die Pastöre nach vorne gebracht werden, wird ein ganzes Huhn
nach vorne getanzt, welches dann laut gackert….
Wenn ein besonderer Feiertag ist, findet die Messe draußen
auf dem Kirchplatz statt, wo gefühlt tausende Menschen Platz finden. Außerdem
tanzen dann um die 20-30 Mädchen aus dem Dorf zusätzlich vorne, was echt schön
ist und alles noch ein bisschen feierlicher wirken lässt.
Der Glaube im Alltag
Allgemein sieht man, wie stark der Glaube mit den Menschen
verankert ist. In jeder Situation wird gebetet: Jeden Morgen in der Schule bei
der Morning-Assembly, Montags und Freitags im Lehrerzimmer wenn wir unsere
Lehrerversammlung haben, wenn wir gemeinsam (mit den Schwestern und Mädchen)
mit dem Bus irgendwo hinfahren oder ankommen, vor und nach dem Essen, wenn wir
unsere monatlichen Meetings mit unseren Ansprechschwestern haben, an
Geburtstagen, ……
Im Oktober, ein Marienmonat, haben die Mädchen (und ca 3x
pro Woche auch wir) jeden Tag den kompletten Rosenkranz auf Chichewa gebetet,
den wir nun auch auswendig können. In der Fastenzeit wurde jeden Freitag der
Kreuzweg gebetet. Dafür sind wir den Weg von Gomani Village nach Guilleme
gelaufen und haben uns bei jeder Station mit bloßen Knien und in der prallen
Sonne auf den Schotterweg gekniet…. So wurde der Kreuzweg noch „erlebbarer“ für
mich, weil es ja auch anstrengender war.
Chikuku
Vor kurzem wurde Chikuku, Fronleichnam, bei uns im Dorf
gefeiert, was aber ganz anders abläuft als in Deutschland. Nach einer ca
3-stündigen Draußen-Messe, wo aus allen Umliegenden Dörfern Menschen gekommen
sind, fing die Prozession an: Wir wurden in Gruppen aufgeteilt (nach Dörfern
oder Institutionen, wir gehörten natürlich zu den Guilleme Girls) und haben in
unseren Gruppen verschiedene coole Kirchenlieder gesungen. Gleichzeitig dazu
sind wir eine kurze Strecke in Guilleme gelaufen, halb tanzend, halb rennend.
Zu Beginn war unser Group-Leader nicht da, deshalb standen wir zusammen mit den
Bording-Mädchen am Rand und hatten dadurch die Möglichkeit, uns den ganzen Zug
genau mit anzusehen! Ich glaube, ich hatte in meinem Leben noch nie so viel
Spaß auf einer Kirchen-Veranstaltung! Nach ca 1h (Zwischendurch standen wir
auch mal etwas länger, eigentlich war der Weg echt kurz) kamen wir dann an der
Kirche an. Es war voll die Party! Alle haben gesungen, gelacht und getanzt! Der
Pastor zeigte allen die Monstranz, in der ja die Hostie war, und in dem Moment,
in dem er die Kirche betritt, werfen die tanzenden Mädchen dunkelrote Blüten
über ihn. Ein wirklich wundervoller Tag voll spannender Erlebnisse!
Daten und Fakten
Laut Wikipedia sind 82,6% der Malawier Christen, 13% hingegen
Muslime. Die größte christliche Gemeinde bildet mit ca 23% die Katholische
Kirche. Es gibt aber auch sehr viele andere, in Deutschland recht unbekannte
christliche Gemeinden. Da wäre zum Beispiel CCAP, die Curch of Central African
Presbyterians, als Zweitgrößte Kirche mit ca 19%. Ich habe mal ein paar Mädchen
gefragt, was der Unterschied zur katholischen Kirche ist. Sie meinten aber,
dass es sehr ähnlich ist, nur dass es keine Schwestern gibt und die Priester
kein Messgewand tragen. Wieder auf Wikipedia fand ich heraus, das die
Presbyterianer zur reformierten Kirche gehören und ursprünglich aus Schottland
stammen. Der schottische Entdecker und Missionar David Livingstone brachte CCAP
erstmals nach Malawi.
Außerdem gibt es in Malawi auch viele christliche Kirchen,
die in Deutschland als Sekte angesehen werden, hier aber ganz normal
dazugehören. Zum Beispiel die Zeugen Jehovas, aber auch andere, über die ich
zur Zeit leider noch nicht so viel sagen kann.
Auf dem Boarding sind alle Mädchen Christen, jedoch
keineswegs alle katholisch! Das ist aber kein Problem :) zur Messe gehen sie aber
trotzdem alle zur katholischen.
Glaube und Tradition
Was mich fasziniert, ist, dass trotz starkem christlichen
Glauben, die Tradition meiner Erfahrung nach (zunächst!) meist eher nicht
vernachlässigt wird, sondern mit dem Glauben verknüpft. Wir waren einmal mit
dabei bei einem Ordensjubiläum nahe Kachebere, wo Männer mit traditioneller
Kleidung der Ngoni in der Messe mit dabei waren. Am Ende der Messe haben sie
dann sogar den Ingoma (trad.Tanz der Ngoni Volksgruppe) getanzt und alle
Schwestern waren mit Begeisterung dabei.
Auch bei der eben beschriebenen Fronleichnamsmesse in Guilleme waren zwei Tänzer der Ngoni dabei.
Auch bei der eben beschriebenen Fronleichnamsmesse in Guilleme waren zwei Tänzer der Ngoni dabei.
hier wurden neue Priester eingekleidet im Kachebere Priest Seminary. Natürlich durften die Ngoni Tänzer da nicht fehlen! |
Als ich für meinen Expressive Arts Unterricht mit den
Schülerinnen beider Klassen (also ca 200 :D) einen Ausflug ins Nachbardorf
gemacht habe, um den dortigen Chief (traditioneller „Bürgermeister“ im Dorf,
Amt wird vererbt) zu interviewen, habe ich jedoch eine andere Erfahrung
gemacht. Auf die Frage, welche traditionellen Tänze dort getanzt wurde, kam
heraus, dass der „gule wamkulu“ (=großer Tanz. Dies ist der wohl wichtigste und
größte Tanz der Chewa, der Tribe, zu dem das Dorf angehört) nicht in vollem
Umfang getanzt wird. Und zwar aus dem Grund, da den Tänzern sonst nicht
gestattet ist, in der Kirche zur Kommunion zu gehen.
Mein persönlicher Glaube
Ich persönlich beschäftige mich hier viel mehr mit dem
Glauben, als früher in Deutschland. Das kommt wohl hauptsächlich daher, dass
der Glaube allgegenwärtig ist. Wie ich oben schon berichtet habe, ist der
Glaube ein Bestandteil des Alltags und so gehört der sonntägliche Kirchgang,
anders als in Deutschland, auf jeden Fall dazu. Außerdem ist der Glaube der
Malawier meines Erachtens auch viel tiefer. Und die Bibel nimmt einen hohen
Stellenwert ein. Klar, in Deutschland liest man im Religionsunterricht in der
Schule auch kleine Teile der Bibel, man beschäftigt sich aber auch mit vielen
Dingen, die nichts mit der Bibel oder gar dem christlichen Glauben zu tun
haben. In Malawi gibt es das Fach Bible Knowledge, Bibelwissen. Hier
beschäftigen sich die Schüler und Schülerinnen mit Themen, die auf Bibelstellen
zurückzuführen und belegbar sind. Auch so, wenn einer von uns krank ist, sagen
uns die Mädchen immer Bibelstellen, die wir doch lesen könnten.
Ich glaube schon, dass mein Glaube irgendwie tiefer geworden
ist. Zumindest denke ich mehr darüber nach und vergleiche ihn mit dem
„malawischen“ Glauben. Und allein durch meinen Alltag widme ich meinem Glauben
auch viel mehr Zeit als in Deutschland. In die Messe gehe ich viel lieber, als
Zuhause. Aber sie ist auch sehr anders, viel lebendiger.
Erst heute Morgen waren wir in der Kirche. Und dort durften
wir zum ersten Mal etwas lesen! Ich habe den Engel des Herrn, oder auch „mthenga
wa mnjelo“, gelesen, was bei den kurzen Messen, also für uns mittwochs und
samstags, immer vor Beginn der Messe gebetet wird. Antonia durfte sich sogar an
die 1. Lesung, die Mau oyamba, herantrauen, und das auf Chichewa! Alle waren
total begeistert und wollen uns schonmal für die Samstags- und Sonntagsmessen
buchen :D
Was mich auf jeden Fall beeindruckt, ist, wie sehr der
Glaube verbinden kann. Über Ländergrenzen hinweg glauben wir immer noch
dasselbe und die Messe ist (fast) genau gleich aufgebaut!
Und damit wünsche ich euch allen eine schöne Woche!
Ganz liebe Grüße aus Malawi sendet euch
Pia :)