Bei unserem Zwischenseminar haben wir viel darüber geredet, wie wir Informationen und Erfahrungen zu Malawi mit Deutschland teilen können, ohne dabei zu einseitig zu sein und Vorurteile zu schüren. Malawi ist so ein vielfältiges Land!
Ein anderes Thema beim Zwischenseminar war der Unterschied
von der malawischen Stadt und dem malawischen Dorf, da einige von uns ihr Jahr
in Großstädten, andere wiederum in winzigen Dörfern verbringen. In dem heutigen
Bericht möchte ich auf beide eingehen: auf das mir so gut bekannte Leben im
Dorf, aber auch auf malawische Städte.
kuGuilleme
Erzählen möchte ich euch vom wunderschönen Guilleme, das
Dorf, das nun schon seit einem halben Jahr mein Zuhause ist und in dem ich mich
so wohl fühle.
Guilleme ist sehr sehr klein – das kleinste Dorf von den
Dörfern, wo Freiwillige, die ich kenne, leben. Um ins Dorf mit öffentlichen
Verkehrsmitteln reinzukommen fährt man zunächst auf der Haupstraße mit einem
Minibus bis zum Guilleme Turn-Off (ein eigenständiger Ort), von wo man ein
Kabasa (Fahrradtaxi, wo man auf dem Gepäckträger sitzt) zum 10 Minuten
entfernten Guilleme nimmt, und zwar über eine Sandstraße.
eine Kuhherde kreuzt unseren Weg zum Markt |
Im Dorf selber gibt es drei Schulen: die St. Anne‘s
Secondary School, die Boys Boarding Primary School und die Holy Cross Girls
Boarding Primary School, wo ich lebe und arbeite. Außerdem eine große katholische
Kirche und das St. Michael’s Hospital. Krankenhaus und Mädchenschule werden von
den Schwestern, die hier auch leben, geleitet. Und natürlich den Ground
(Sportplatz) nicht zu vergessen, wo schon das ein oder andere Net- und
Footballspiel stattgefunden hat.
hier spielen die STD 7 Girls in Antonias Lesson Fußball |
Als den Dorfmittelpunkt kann man wahrscheinlich den Markt
bezeichnen. Hier kriegt man alles für den täglichen Bedarf (aber eben auch
nichts darüber hinaus). Auf der einen Seite gibt es mehrere Gemüsestände. Hier
finden wir an Glückstagen Tomaten, Kohl, Auberginen und Zwiebeln, manchmal,
wenn wir Pech haben, aber auch nur ein paar gammelige Tomaten. Auch Fisch vom
Malawisee und Fleisch kann man hier kaufen, da haben wir uns aber noch nicht
rangetraut. Werden wir wahrscheinlich auch nie tun :D
Auf der anderen Seite gibt es ein paar Shops. Hier kaufen
wir meistens Eier, Zucker, Spaghetti, Mehl und Reis, manchmal auch Fanta.
Außerdem Scone / Sikono, das ist ein Gebäck aus Hefe, was irgendwie zu unserem
Weißbrotersatz geworden ist (das ist nämlich auch manchmal ausverkauft und
schmeckt eh nicht so gut). Auf dem Markt findet man auch ein paar Schneider und
außerdem eine Mais-Mühle, an der immer ganz viel los ist, wenn wir Strom haben.
so verlassen liegt der Markt nur selten da... eigentlich ist hier immer sehr viel los! |
Sikono! |
Apropos Strom: den haben wir natürlich auch nicht immer,
genauso wie Wasser. Aber das ist in ganz Malawi zu einem Problem geworden.
Ich hoffe, ihr seid jetzt nicht zu geschockt von der
Einfachheit unseres Dorfes. Ich persönlich finde es genau richtig. Die Menschen
sind supernett und immer, wenn wir durch die Straßen gehen, rufen uns ein paar
Kleinkinder glücklich „Azungu, bo!(hey, Weißer)“ zu, was echt süß, aber auch
anstrengend ist. Und wenn es auf dem Markt seit einem Monat mal wieder Zwiebeln
gibt oder aus der Dusche fließendes Wasser kommt, so freuen wir uns immer
riesig! :)
kuLilongwe
Bisher habe ich noch nicht so viele Erfahrungen mit
malawischen Großstädten gemacht. Am meisten kann ich wohl über Lilongwe, die
Hauptstadt Malawis, sagen, die wir ca einmal im Monat besuchen, sei es zum
Einkaufen oder auf der Durchreise.
Sind wir mit Friederike und Verena aus Ludzi unterwegs geht
es für uns meist als allererstes zum KFC, an dem wir eh vorbeikommen. Hier
gönnen wir uns erstmal so richtig Fastfood :D der KFC ist jedes Mal sehr voll
und wir müssen lange warten. Vergleicht man uns mit den anderen weiblichen
Kunden, so sind wir die einzigen, die Chitenje tragen (was im Dorf Standard
ist. Wir ziehen nur Röcke an, Hosen eigentlich gar nicht). Viele der Frauen
tragen enge Hosen, ich habe sogar schonmal eine mit einem bauchfreien Shirt
gesehen.
glücklich mit unserem Burger :) |
Eine andere Pflichtstation ist der Shoprite – ein riesiger
Supermarkt, in dem es einfach alles zu kaufen gibt! Von Milka-Schokolade und
Nutella, über frischen Backwaren und Shampoo bis hin zu Knorr-Tütensuppen und
Käse, hier gibt es alles, was das Herz begehrt! Ab und zu haben wir es hier
auch schon ein bisschen übertrieben und einen großen Vorrat gekauft, was uns aber
doch zu teuer wurde und uns auch in unserem Dorf irgendwie unangenehm ist.
Trotzdem fahren wir jedes Mal hin, um uns doch ein paar geile europäische
Sachen zu gönnen, die in den Wochen danach gut aufgeteilt werden müssen. (leider habe ich vergessen, ein Foto zu machen)
Die Straßen sind wie in wahrscheinlich jeder Großstadt ziemlich
voll. Am praktischsten ist es dann, ein Tuk-Tuk zu nehmen, was sich durch die
vielen Autos und Minibusse durchschlängelt.
Sehenswert sind auch diverse Märkte.
Da wäre zum Beispiel der Chitenje-Markt. In einer großen Markthalle stehen hier dicht an dicht Frauen, die ihre Chitenjen verkaufen wollen. Und die meisten sind hier sogar sehr billig: mit 1500 K nur knapp 2€! Jedoch ist es immer sehr schwierig, sich dann auch für die richtige zu entscheiden… :D
Da wäre zum Beispiel der Chitenje-Markt. In einer großen Markthalle stehen hier dicht an dicht Frauen, die ihre Chitenjen verkaufen wollen. Und die meisten sind hier sogar sehr billig: mit 1500 K nur knapp 2€! Jedoch ist es immer sehr schwierig, sich dann auch für die richtige zu entscheiden… :D
Der große Markt von Lilongwe ist sehr unübersichtlich. Um vom Stadtzentrum dort hin zu gelangen geht man für 30 Kwacha (=4cent) über selbstgebaute Brücken über einen Fluss und schon ist man im bunten Durcheinander, wo es echt alles zu kaufen gibt :) Obst, Gemüse, Gewürze, Chitenjen, Kleidung (Altkleidersammlungen aus aller Welt), fertig gekochtes Essen,….
Kleidungsmarkt |
eine kaputte Brücke. Als wir gestern in Lilongwe waren, stand keine einzige mehr. Durch den Regen sind alle kaputt gegangen. |
frisches Obst und Gemüse! |
Auf dem Holzmarkt findet man ganz viele Holzschnitzereien und andere Souvenirs. Dieser Markt ist jedoch eher für Touristen.
Außerdem gibt es in Lilongwe ein großes Stadium, Villen und mehrstöckige
Häuser.
Ich glaube, das wäre jetzt erstmal alles, was mir spontan zu
Orten in Lilongwe einfällt. Feiern gehen kann man hier auch ganz gut. Man kann
sich in der Stadt ruhig ein wenig freizügiger anziehen und sieht viele Weiße. Ich finde es
ab und zu ganz angenehm, in der großen Masse unterzutauchen. Dort
falle ich echt nicht so auf. Im Dorf ist das anders. Jeder sieht, was ich
mache. Wenn ich irgendwo hingehe, werde ich neugierig gefragt, wo es denn
hingeht. Falls es auf den Markt geht, ist es für die Leute auch scheinbar
interessant, zu wissen was wir genau kaufen wollen. Manchmal regt uns das
ziemlich auf. Man kommt kaum vorwärts und muss jeder Person einzeln erklären,
was genau man machen will und was man aus den gekauften Zutaten kochen oder
backen will.
Aber eigentlich ist es auch ganz schön. Denn so kommt man ins
Gespräch :)
Ich hoffe, ich konnte euch jetzt mal ganz verschiedene
Eindrücke von Malawi vermitteln. Dieses Land ist so vielfältig! Und so viel
mehr, als das, was ich euch bisher berichtet habe und was ich euch je berichten
können werde!
An dieser Stelle möchte ich auf etwas eingehen, über das wir
auch beim Zwischenseminar geredet haben und was jetzt gerade so gut passt. Wir
haben eine kurze Filmaufzeichnung einer Rede von Chimamanda Adichie gesehen.
Chimamanda Adichie ist eine nigerianische Schriftstellerin, die auf die Gefahr
einer einzelnen Geschichte, the danger of a single story, hinweist. Sie sagt,
dass eine einzige Geschichte Grund für Vorurteile sein kann. Kennt man nur eine
kleine Geschichte eines größeren Ganzen, so erfährt man nur wenige Aspekte,
viele gar nicht. Dadurch wird unsere Sicht auf die Dinge eingeschränkt; wir
urteilen von nur einer Geschichte auf das Ganze.
In meinem Falle bzw. dem Falle
meines Blogs urteile ich (oder ihr) von meinen persönlichen Erfahrungen, die
ich in dem winzigen Dorf Guilleme mache manchmal auf ganz Malawi, vielleicht
sogar auf ganz Afrika.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal hinweisen, dass mein
Blog nur persönliche Erfahrungen und Erlebnisse wiederspiegelt und ich
keinesfalls für ganz Malawi sprechen kann. Wahrscheinlich kann ich noch nichtmal
für das ganze Dorf Guilleme sprechen, in dem ich nun schon seit über sechs
Monaten lebe und trotzdem nur an der Oberfläche gekratzt habe. (Erst vor zwei Tagen haben wir mit einigen Mädchen und einer Schwester eine Amama des Boardings besucht, die krank war. Eine halbe Stunde liefen wir durch Felder und Hüttenansammlungen und waren doch immer noch in Guilleme)
Ich möchte euch, liebe Leser und Leserinnen meines Blogs,
dazu aufforden, über meine Geschichten und Erzählungen nachzudenken und
vorsichtig dabei zu sein, sie als „typisch Afrika“ anzusehen.
Vielen Dank, dass ihr euch die Zeit genommen habt, diesen
Bericht zu lesen. Das lag und liegt mir wirklich sehr auf dem Herzen!
Eure Pia :)