Mittwoch, 28. Juni 2017

Ku chalichi - Kirche in Malawi



Hallo ihr Lieben!

Heute möchte ich euch mal von der Kirche in Malawi berichten, ein längst überfälliger Bericht.
Ich selber bin als Missionarin auf Zeit hier. Das heißt konkret für mich, dass ich von einer Ordensgemeinschaft, den Franziskanerinnen Salzkotten, vorbereitet, entsendet und begleitet bin/werde und auch hier vor Ort von einer Ordensgemeinschaft, den Sisters of Charity of Ottawa, „aufgenommen“ wurde. Das Motto von Missionar auf Zeit ist „mitleben, mitbeten, mitarbeiten“.

Über mein Mitleben und Mitarbeiten hier in Guilleme habe ich schon häufiger berichtet, nun ist das Mitbeten an der Reihe!


Der Glaube in der Kirche

Ganz konkret sieht man das natürlich an unseren Kirchgängen. Gemeinsam mit den Schwestern und Boardingmädchen gehen wir drei Mal pro Woche in die Kirche: mittwochs, samstags und sonntags.
Am Mittwoch gehen wir um 6 Uhr morgens zur Messe. Die ist auf Chichewa und recht kurz (ohne Predigt). Wir sind ganz unter uns (also nur Mädchen, Schwestern und vielleicht 10 andere). Die Mittwochmesse gefällt mir am besten, weil die Mädchen den Chor machen. Die Lieder sind richtig dynamisch und es macht großen Spaß mitzusingen (und mitzutanzen, haha :D ). Begleitet werden die Lieder von Trommelschlägen!

Samstags um halb 7 ist die Messe auf Englisch, auch wenn ich manchmal nicht wirklich mehr verstehe, als eine Messe auf Chichewa :D Zu dieser Messe gehen alle Boarding-Schools, also neben den Mädchen von uns die Jungs vom Boys-Boarding und die Schüler und Schülerinnen der Secondary School. Hier bilden die Mädchen auch oft den Chor (aber nicht immer) und die Lieder sind auch echt cool :)

Am Sonntag gibt es zwei Messen, die je ca. 2h dauern: eine frühe Messe um 7 und eine späte um 9 Uhr. Das Boarding und so auch wir gehen immer zur frühen Messe. Die ist auf Chichewa und echt lang und feierlich. Jedoch manchmal auch ein bisschen zu lang… Die Predigt dauert mindestens eine halbe Stunde und am Ende der Messe gibt es nochmal Reden und Ankündigungen, die fast genauso lange dauern. Und das alles auf Chichewa! Da schaltet man schnell mal ab… Klar lernen wir hier Chichewa und verstehen inzwischen auch immer mehr, aber für die Predigt reicht es dann doch nicht wirklich. Trotzdem gehe ich gerne in diese Messe. Meistens sitzen wir zusammen mit den Mädchen und Schwestern im linken Seitenflügel und häufig gibt es lustiges oder spontanes, was passiert. ZB wenn der Chor einen absoluten Kirchenschlager anstimmt und der Pastor alle auffordert zu tanzen :D Oder bei der Gabenbereitung, bei der jedes Mal auch Essen für die Pastöre nach vorne gebracht werden, wird ein ganzes Huhn nach vorne getanzt, welches dann laut gackert….

Wenn ein besonderer Feiertag ist, findet die Messe draußen auf dem Kirchplatz statt, wo gefühlt tausende Menschen Platz finden. Außerdem tanzen dann um die 20-30 Mädchen aus dem Dorf zusätzlich vorne, was echt schön ist und alles noch ein bisschen feierlicher wirken lässt.

 Der Glaube im Alltag

Allgemein sieht man, wie stark der Glaube mit den Menschen verankert ist. In jeder Situation wird gebetet: Jeden Morgen in der Schule bei der Morning-Assembly, Montags und Freitags im Lehrerzimmer wenn wir unsere Lehrerversammlung haben, wenn wir gemeinsam (mit den Schwestern und Mädchen) mit dem Bus irgendwo hinfahren oder ankommen, vor und nach dem Essen, wenn wir unsere monatlichen Meetings mit unseren Ansprechschwestern haben, an Geburtstagen, ……

Im Oktober, ein Marienmonat, haben die Mädchen (und ca 3x pro Woche auch wir) jeden Tag den kompletten Rosenkranz auf Chichewa gebetet, den wir nun auch auswendig können. In der Fastenzeit wurde jeden Freitag der Kreuzweg gebetet. Dafür sind wir den Weg von Gomani Village nach Guilleme gelaufen und haben uns bei jeder Station mit bloßen Knien und in der prallen Sonne auf den Schotterweg gekniet…. So wurde der Kreuzweg noch „erlebbarer“ für mich, weil es ja auch anstrengender war.


Chikuku

Vor kurzem wurde Chikuku, Fronleichnam, bei uns im Dorf gefeiert, was aber ganz anders abläuft als in Deutschland. Nach einer ca 3-stündigen Draußen-Messe, wo aus allen Umliegenden Dörfern Menschen gekommen sind, fing die Prozession an: Wir wurden in Gruppen aufgeteilt (nach Dörfern oder Institutionen, wir gehörten natürlich zu den Guilleme Girls) und haben in unseren Gruppen verschiedene coole Kirchenlieder gesungen. Gleichzeitig dazu sind wir eine kurze Strecke in Guilleme gelaufen, halb tanzend, halb rennend. Zu Beginn war unser Group-Leader nicht da, deshalb standen wir zusammen mit den Bording-Mädchen am Rand und hatten dadurch die Möglichkeit, uns den ganzen Zug genau mit anzusehen! Ich glaube, ich hatte in meinem Leben noch nie so viel Spaß auf einer Kirchen-Veranstaltung! Nach ca 1h (Zwischendurch standen wir auch mal etwas länger, eigentlich war der Weg echt kurz) kamen wir dann an der Kirche an. Es war voll die Party! Alle haben gesungen, gelacht und getanzt! Der Pastor zeigte allen die Monstranz, in der ja die Hostie war, und in dem Moment, in dem er die Kirche betritt, werfen die tanzenden Mädchen dunkelrote Blüten über ihn. Ein wirklich wundervoller Tag voll spannender Erlebnisse!





Daten und Fakten

Laut Wikipedia sind 82,6% der Malawier Christen, 13% hingegen Muslime. Die größte christliche Gemeinde bildet mit ca 23% die Katholische Kirche. Es gibt aber auch sehr viele andere, in Deutschland recht unbekannte christliche Gemeinden. Da wäre zum Beispiel CCAP, die Curch of Central African Presbyterians, als Zweitgrößte Kirche mit ca 19%. Ich habe mal ein paar Mädchen gefragt, was der Unterschied zur katholischen Kirche ist. Sie meinten aber, dass es sehr ähnlich ist, nur dass es keine Schwestern gibt und die Priester kein Messgewand tragen. Wieder auf Wikipedia fand ich heraus, das die Presbyterianer zur reformierten Kirche gehören und ursprünglich aus Schottland stammen. Der schottische Entdecker und Missionar David Livingstone brachte CCAP erstmals nach Malawi.

Außerdem gibt es in Malawi auch viele christliche Kirchen, die in Deutschland als Sekte angesehen werden, hier aber ganz normal dazugehören. Zum Beispiel die Zeugen Jehovas, aber auch andere, über die ich zur Zeit leider noch nicht so viel sagen kann.
Auf dem Boarding sind alle Mädchen Christen, jedoch keineswegs alle katholisch! Das ist aber kein Problem :) zur Messe gehen sie aber trotzdem alle zur katholischen.


Glaube und Tradition

Was mich fasziniert, ist, dass trotz starkem christlichen Glauben, die Tradition meiner Erfahrung nach (zunächst!) meist eher nicht vernachlässigt wird, sondern mit dem Glauben verknüpft. Wir waren einmal mit dabei bei einem Ordensjubiläum nahe Kachebere, wo Männer mit traditioneller Kleidung der Ngoni in der Messe mit dabei waren. Am Ende der Messe haben sie dann sogar den Ingoma (trad.Tanz der Ngoni Volksgruppe) getanzt und alle Schwestern waren mit Begeisterung dabei.
Auch bei der eben beschriebenen Fronleichnamsmesse in Guilleme waren zwei Tänzer der Ngoni dabei.
hier wurden neue Priester eingekleidet im Kachebere Priest Seminary. Natürlich durften die Ngoni Tänzer da nicht fehlen!


Als ich für meinen Expressive Arts Unterricht mit den Schülerinnen beider Klassen (also ca 200 :D) einen Ausflug ins Nachbardorf gemacht habe, um den dortigen Chief (traditioneller „Bürgermeister“ im Dorf, Amt wird vererbt) zu interviewen, habe ich jedoch eine andere Erfahrung gemacht. Auf die Frage, welche traditionellen Tänze dort getanzt wurde, kam heraus, dass der „gule wamkulu“ (=großer Tanz. Dies ist der wohl wichtigste und größte Tanz der Chewa, der Tribe, zu dem das Dorf angehört) nicht in vollem Umfang getanzt wird. Und zwar aus dem Grund, da den Tänzern sonst nicht gestattet ist, in der Kirche zur Kommunion zu gehen.



Mein persönlicher Glaube

Ich persönlich beschäftige mich hier viel mehr mit dem Glauben, als früher in Deutschland. Das kommt wohl hauptsächlich daher, dass der Glaube allgegenwärtig ist. Wie ich oben schon berichtet habe, ist der Glaube ein Bestandteil des Alltags und so gehört der sonntägliche Kirchgang, anders als in Deutschland, auf jeden Fall dazu. Außerdem ist der Glaube der Malawier meines Erachtens auch viel tiefer. Und die Bibel nimmt einen hohen Stellenwert ein. Klar, in Deutschland liest man im Religionsunterricht in der Schule auch kleine Teile der Bibel, man beschäftigt sich aber auch mit vielen Dingen, die nichts mit der Bibel oder gar dem christlichen Glauben zu tun haben. In Malawi gibt es das Fach Bible Knowledge, Bibelwissen. Hier beschäftigen sich die Schüler und Schülerinnen mit Themen, die auf Bibelstellen zurückzuführen und belegbar sind. Auch so, wenn einer von uns krank ist, sagen uns die Mädchen immer Bibelstellen, die wir doch lesen könnten.

Ich glaube schon, dass mein Glaube irgendwie tiefer geworden ist. Zumindest denke ich mehr darüber nach und vergleiche ihn mit dem „malawischen“ Glauben. Und allein durch meinen Alltag widme ich meinem Glauben auch viel mehr Zeit als in Deutschland. In die Messe gehe ich viel lieber, als Zuhause. Aber sie ist auch sehr anders, viel lebendiger.

Erst heute Morgen waren wir in der Kirche. Und dort durften wir zum ersten Mal etwas lesen! Ich habe den Engel des Herrn, oder auch „mthenga wa mnjelo“, gelesen, was bei den kurzen Messen, also für uns mittwochs und samstags, immer vor Beginn der Messe gebetet wird. Antonia durfte sich sogar an die 1. Lesung, die Mau oyamba, herantrauen, und das auf Chichewa! Alle waren total begeistert und wollen uns schonmal für die Samstags- und Sonntagsmessen buchen :D



Was mich auf jeden Fall beeindruckt, ist, wie sehr der Glaube verbinden kann. Über Ländergrenzen hinweg glauben wir immer noch dasselbe und die Messe ist (fast) genau gleich aufgebaut!

Und damit wünsche ich euch allen eine schöne Woche!
Ganz liebe Grüße aus Malawi sendet euch

Pia :)

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